Stadtspaziergang

Station 5 - Gedenken

Stolpersteine erinnern an Opfer des Nationalsozialismus und rufen uns dazu auf, gegen Rassismus und Diskriminierung zu kämpfen. Sie sind ein wichtiger Teil unserer Erinnerungskultur. Auch an Alfred Kremer und Karl Paul Paetzel, die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt und ermordet wurden, erinnern Stolpersteine.

Erklärungen zu Fachbegriffen, die wir verwenden, findest du in unserem Glossar.

 

Luisenstraße 124

Text zum Mitlesen

Du stehst hier mitten auf der Luisenstraße, weil ich dich auf die Stolpersteine auf dem Boden aufmerksam machen möchte. Stolpersteine sind kleine Gedenksteine, die vor den letzten Wohnhäusern von Opfern des Nationalsozialismus verlegt werden. Sie tragen den Namen, das Geburtsdatum, das Datum der Deportation und den Ort des Todes der Person. Stolpersteine sind ein wichtiges Instrument, um die Erinnerung an die Opfer lebendig zu halten und die Geschichte der Verfolgung und des Holocausts ins Bewusstsein zu rufen. Sie dienen auch als Mahnung, sich gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung in jeder Form einzusetzen.

Ich möchte dich hier auch stellvertretend auf die Stolpersteine von Alfred (Julius Richard) Kremer und Karl Paul Paetzel aufmerksam machen. Die beiden Männer wurden aufgrund des Paragrafen 175 während der NS-Zeit verurteilt. Der Paragraf 175 des Strafgesetzbuchs (StGB) wurde im Deutschen Kaiserreich 1871 eingeführt und kriminalisierte über 120 Jahre Homosexualität und legitimierte staatliche Verfolgung von schwulen und bisexuellen Männern, bis er 1994 endgültig vom Bundestag gestrichen wurde. Der Paragraf wurde 1935 von den Nationalsozialisten verschärft, was dazu führte, dass die Haftstrafen verlängert wurden und die „kriminalpolitisch indizierte Kastration“ homosexueller Männer ermöglicht wurde. Um einer Strafhaft und dem Konzentrationslager zu entgehen, sahen sich viele verurteilte Homosexuelle gezwungen, die „freiwillige“ Kastration zu wählen. Im Jahr 2002 hob der Bundestag die während der Zeit des Nationalsozialismus ergangenen Urteile auf. Erst 2017 wurden auch alle Urteile nach 1945 aufgehoben.

Alfred Kremer war Geschäftsinhaber eines Elektroinstallationsgeschäftes an der Klotzbahn 12, wo sich sein Stolperstein befindet. Er wurde von der Polizei verhaftet und in die Zuchthaushaft gebracht. Von dort wurde er in das KZ Sachsenhausen und anschließend in das KZ Dachau deportiert, in dem er im Alter von 40 Jahren an Versagen von Herz und Kreislauf starb.

Der zweite Stolperstein ist in der Blumenstraße 28, in der Karl Paul Paetzel, Zahndentist von Beruf, wohnte. Als Rosa-Winkel-Häftling, der Rosa Winkel kennzeichnete Personen, die aufgrund ihrer Homosexualität in ein KZ deportiert wurden, gelangte er in das KZ Sachsenhausen. Dort wurden 1942 im Außenlager Klinkerwerk zahlreiche homosexuelle Männer gezielt ermordet. Karl Paul Paetzel wurde dort im Alter von 26 Jahren nach nur etwa zwei Monaten im KZ ermordet.

An der Stelle möchte ich auf die Queere Schnipseljagdt von Action Bound verweisen, über die auch wir auf die Stolpersteine aufmerksam geworden sind. Die Schnipseljagt wurde von der CSD Orgateam sowie Initiativen und Engagierten in Zusammenarbeit erstellt und führt dich an ehemalige und aktuelle Orte in Wuppertal, die sich für die queere Community eingesetzt haben.

Dann möchte ich noch kurz über einen Stolperstein in Berlin sprechen. Dort wurde letztes Jahr der erste Stolperstein für eine queere Person ohne ihren Deadname, also den Vornamen, den eine Person hatte, der aber nicht mehr verwendet wird, verlegt. Bislang wurden Stolpersteine für trans NS-Opfer nur mit den Deadnames verlegt, was einerseits an mangelnder Sensibilität, aber auch an fehlendem Wissen liegt, weil sich nicht immer nachweisen lässt, mit welchem Namen eine Person sich identifiziert hat. Der Stolperstein für Käte Rogalli ist ein wichtiger Schritt, um Diskriminierung auch nach dem Tod zu vermeiden und die Identität und Würde dieser Personen zu wahren. Für die Stadtentwicklung ist es demnach wichtig, bestehende Praktiken und Traditionen regelmäßig zu hinterfragen und gegebenenfalls anzupassen, um eine inklusive und respektvolle Umgebung für alle zu schaffen.

Laufe nun wieder ein paar Meter zurück und gehe den Berg nach oben, um dort einen Blick auf Wuppertal von oben zu richten. Bei der nächsten Station, der Station 6, erfährst du mehr zum Thema Architektur.